Ehrengast Agnès Godard
Hommage: In diesem Jahr ehren wir die französische Kamerafrau Agnès Godard
Mit der HOMMAGE ehren wir große internationale Persönlichkeiten der Filmbranche, zuletzt Regielegende Claude Lelouch und den belgischen Kameramann Benoît Debie. In diesem Jahr wird die Hommage seiner französischen Kollegin Agnès Godard zuteil.
Festivalleiter Sascha Keilholz: “Die Kameraarbeit von Agnès Godard erfasst menschliche Körper als lebendige Landschaften und schenkt uns damit ein Kino der Beobachtung, Identifikation und Interaktion. Auf einen einheitlichen Stil lässt sich ihre Arbeit dabei nicht festlegen: Mal stark stilisiert wie in der Zusammenarbeit mit Claire Denis, dann wieder mit der Handkamera in einem radikalen Vérité-Stil gefilmt wie in ›Liebe das Leben‹ (1998) von Erick Zonca hat Godard mit ihrem Schaffen immer neue Wege beschritten und das jüngere französische Kino maßgeblich geprägt. Aber nicht nur das: Godards Schaffen bleibt stets zukunftsgerichtet. Eine ihrer wichtigsten gegenwärtigen Kollaborationen ist die Arbeit mit der Regisseurin Ursula Meier, zuletzt im Film ›La ligne‹ (2022). Eine Arbeit, die auch im Zeichen des Wandels von analogem Filmmaterial zu digitalen Bildern steht.”
Godard, 1951 im französischen Dun-sur-Auron geboren, studierte in den 1970er-Jahren in Paris am renommierten Institut des Hautes Etudes Cinématographiques. Anschließend arbeitete sie in den 80er-Jahren als Kameraassistentin – unter anderem für Henri Alekan, mit dem Wenders im Frühjahr 1981 ›Der Stand der Dinge‹ drehte. Bei ›Paris, Texas‹ (1984) assistierte Godard dann Robby Müller und für ›Der Himmel über Berlin‹ (1987) erneut Alekan. Seit 1990 arbeitete Godard als Kamerafrau zusammen mit Filmschaffenden wie Agnès Varda, Wim Wenders, Peter Greenaway, Noémie Lvosky, Catherine Corsini, Tonie Marshall, Ursula Meier, André Téchiné, Peter Handke, Claude Berry, Emmanuele Crialese, Fabrice Gobert, Sébastien Lifschitz oder Emmanuelle Bercot.
Als äußerst fruchtbar erwies sich die Arbeitsbeziehung zwischen Godard und der Regisseurin Claire Denis: Der Serienkiller-Film ›Ich kann nicht schlafen‹ (1994) und das Geschwister-Drama ›Nénette et Boni‹ (1996), beide in kräftige Blau-Rot-Kontraste getaucht, waren die ersten von bisher neun gemeinsamen Filmen. Für das international gefeierte und zuletzt von dem Filmmagazin Sight & Sound unter die Top Ten der besten Filme aller Zeiten gewählte Fremdenlegionärsporträt ›Beau travail‹ (1999) wurde Godard mit dem César für die beste Kameraarbeit ausgezeichnet. Danach folgten in Zusammenarbeit mit Denis der Vampirhorror ›Trouble Every Day‹ (2001) und die lyrisch-romantischen Dramen ›Vendredi soir‹ (2002), ›The Intruder‹ (2004) sowie ›35 Rum‹ (2008).
Einige ihrer wichtigsten Filme drehte Godard mit homosexuellen Regisseuren. Beispielsweise in einem neueren Film wie ›Salvation Army‹ (2013) des im Pariser Exil lebenden, offen schwulen Marokkaners Abdellah Taïa. Das für ihre Arbeit zentrale Thema des menschlichen Körpers steht hier unter ganz besonderen Vorzeichen.
Im Rahmen der HOMMAGE greifen wir drei Arbeiten aus dem Werk Godards heraus und zeigt mit ›Beau travail‹ (1999) von Claire Denis, ›Hinterland‹ (1998) von Jacques Nolot und ›Wild Side‹ (2004) von Sébastien Lifshitz wie vielfältig und doch unverkennbar ihr Stil ist.